Streif-Blog:

In den Klangwelten der Klavierstimmung

Soeben wollte man doch gerade voller Enthusiasmus Beethovens Nr. 29 B-Dur Klaviersonate anstimmen, als plötzlich das Klavier zu streiken beginnt. Wenn das Piano mal wieder schaurig schöne Klänge von sich gibt, ist wieder Zeit für eine Stimmung. Was aber nun, wenn das Instrument vor wenigen Wochen erst gestimmt wurde? Ist es notwendig jede mal den Klavierstimmer zu bemühen oder darf man auch mal selbst Hand anlegen?

Prinzipiell gilt:

  • Klavierstimmen ist eine Aufgabe, die man grundsätzlich immer Fachleuten überlassen sollte. Dennoch kann man einen einzelnen Ton durchaus selber leicht nachstimmen.
  • Zum Stimmen von Klavier und Flügel sollte man Spezialwerkzeug aus dem Klavierbau verwenden.
  • Speziell zum Nachstimmen gibt es preiswert kleine Tuning-Sets zu kaufen, bestehend aus Stimmhammer und Stimmkeil.


*Auch wenn man nur einen einzelnen Ton in der Stimmung korrigieren will, sollte man wissen, wie man verfährt.

Sofern es sich jedoch  um ein leichtes Nachstimmen handelt, sollte das durchaus machbar sein. Allerdings empfiehlt es sich, die Sache mit Vorsicht und langsam anzugehen – nicht ohne Grund absolvieren Klavierstimmer für ihre Tätigkeit eine aufwendige Ausbildung. Nicht außer Frage steht daher, dass die vollständige Stimmung eines Klaviers nicht leicht ist und viel an Können erforderlich ist, um am Ende eine Klaviatur mit harmonischen Tönen zu erhalten. Dennoch ist es durchaus machbar, ab und an einen einzelnen Ton etwas nachzuziehen, damit der Saitenchor wieder klanglich zu den anderen Tönen passt. Bevor jedoch voreilig zu den Stimminstrumenten gegriffen wird, sollte man einen derartigen Eingriff vorerst mit seinem Klavierstimmer besprechen und sich gegebenenfalls sich die grundlegenden Handgriffe zeigen zu lassen und danach selbst entscheidet, ob man sich dies zutraut.


Gutding braucht Weile ohne Eile! 

Nichtsdestotrotz birgt auch das selbstständige Stimmen die Gefahr, sich eventuell selbst zu überschätzen und munter drauf los zu schrauben. Wenn auch nur ein einzelner Ton korrigiert werden will, steckt auch dahinter eine anzuwendende Technik, welcher man sich bedienen sollte. Wer an dieser Stelle schon mit der Flachzange aus dem Werkzeugkasten hinter dem Klavier steht, der wird an dieser Stelle enttäuscht sein, denn herkömmliches Haushaltswerkzeug ist hierbei zu recht absolut fehl am Platz. Aufgrund der bestehenden Saitenspannung sollte ein gewisses Drehmoment aufgebracht werden können, um die Stimmwirbel entsprechend zu bewegen. Doch auch dieser Vorgang sollte unbedingt mit Gefühl und nicht hastig ausgeführt werden.


Den richtigen Ton erhält man nur mit passenden Werkzeug

Stimmhammer statt Schraubenschlüssel und Klempnerzange 

Wie bereits zuvor erwähnt, sollte der Werkzeugkasten tunlichst dort bleiben, wo er ist, denn Schraubenzieher und Co. können nicht nur nachhaltigen Schaden anrichten, sondern unter Umständen auch zu kostspieligen Reparaturen führen. Ein sogenanntes Tuning-Set beinhaltet jedoch genau die nötigen Werkzeuge aus dem Klavierbau, welche für kleine Korrekturen der Stimmung benötigt werden. Einen Stimmhammer, wie oben im Bild dargestellt, ist unbedingt von Nöten, um ein einwandfreies Ergebnis zu gewährleisten. Er wird von oben auf die Stimmwirbel aufgesetzt und ist mit einem kräftigen Holzgriff ausgestattet, sodass man den Stimmwirbel auch präzise drehen kann.

Um herauszufinden, welche Saite eines Tons nicht mehr klingt wie sie soll, dämpft man mit Hilfe des Stimmkeils die einzelnen Saiten ab. Anschließend kann man mit der Oktave darüber die einzelnen Saiten vergleichen. Dort wo die Schwebung am schnellsten pulsiert, haben wir die Saite gefunden, die nachgezogen werden will. Die Saite wird nun vorsichtig mit dem Stimmhammer bewegt und erneut überprüft. Stimmt sie mit der Oktave überein, wird der Stimmkeil herausgezogen und in weiterer Folge mit allen Saiten gemeinsam nochmal überprüft.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Den „Schrägen Otto“-Klang, welchen ein ungestimmtes Klavier von sich gibt, kann man nostalgisch finden – Spaß macht es allerdings nicht damit zu üben. Wann das Klavier fachmännisch gestimmt werden muss, ist durchaus am Klang bemerkbar. Jedoch sollte es dazu in dem Ausmaß gar nicht erst kommen.

Das folgende Video zeigt, wie ein verstimmtes Klavier klingt. Bei diesem Klavier ist es eindeutig, dass es komplett gestimmt werden muss. Hier ist es eben nicht mal ein einzelner Ton, den man nachziehen müsste, denn alle Töne haben schon eine recht starke sogenannte Schwebung.


Ein Nebeneffekt ist, dass die Stimmung komplett absackt, wenn das Klavier über längere Zeit nicht mehr gestimmt wurde. Das bedeutet, es ist umso aufwändiger, anschließend das Piano wieder auf Kammerton 440Hz zu stimmen. Unter Umständen sind dann gleich mehrere Stimmungen in kürzeren Abständen erforderlich.

Kostenpunkt Klavierstimmung

Egal, ob Klavier oder Flügel – das Instrument sollte regelmäßig gestimmt werden, damit die Grundstimmung (Kammerton) erhalten bleibt. Grundsätzlich aber sollte ein Klavier zweimal pro Jahr gestimmt werden. Es kommt aber immer auch auf die Umgebungsbedingungen an, denen das Klavier ausgesetzt ist. Die Kosten für eine Klavierstimmung liegen in der Regel bei ca. 200,- Euro, der Zeitaufwand dafür beträgt 1,5-2 Stunden.

Der Autor

Heimo Streif

Klavierbaumeister seit 2003 Inhaber des Klavierhauses Streif seit 2006 Allg.beeid. u. ger. zert. Sachverständiger für Klaviere

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